Wie war's dort?

Zeit ist zu kostbar um sie nicht zu nutzen ...

Experiment: 40 Tage - 400 Kilometer

von Bernhard Renner

Ohne grosser Erwartung und schon gar nicht als schaffbar, startete ich vor 40 Tagen ein Experiment: 400 Kilometer marschieren.

22.Februar 2023 - Aschermittwoch. Eigentlich sollte dieser Tag ein Tag wie jeder andere werden. Jedoch war der Vortag - Faschingsdienstag - dann doch etwas anders abgelaufen, als ich ursprünglich vor hatte. Somit war Aschermittwoch einfach mal nur mit „ruht“ vergeudet ... und mit viel Zeit um sich selbst mit Vorsätzen zu belegen, die schon im Gedanken zum Scheitern verurteilt sein sollten: 40 Tage Buse! Jedoch nicht die biblischen 40 Tage bis Ostern, sondern tatsächlich 40 Tage am Stück. Und diese belegt mit einem Marschziel von 400 Kilometer » das Experiment 40 Tage - 400 Kilometer war für mich im Kopf geboren.

Was bedeutet das genau?
Grundsätzlich nicht viel - ausser, dass im Schnitt pro Tag 10 km gegangen werden muss. So, damit war schon mal der erste Haken mit eingebaut: den 1.Tag hatte ich verschlafen, damit 0 km auf der IST-Seite. Bedeutet, dass in den noch kommenden 39 Tagen täglich die negativen 10 Kilometer kompensiert werden müssen. Und dies natürlich auch nicht nur für den 1.Tag, sondern jeder nicht marschierte Kilometer pro Tag geht zu Lasten der kommenden durchschnittlich zu leistenden Tageskilometeranzahl.
Aber: das gilt natürlich auch umgekehrt: jeder Kilometer pro Tag mehr, verringert die dann noch folgenden Durchschnitte.

Wie hatte ich das kontrolliert?
Eine simple Excel-Tabelle hatte mir geholfen, das System „zu verstehen“ und einen Überblick zu erhalten. Also pro Tag wurde die tatsächliche Leistung eingetragen und daraus die noch notwendige Distanz errechnet. Daraus dann der Durchschnitt pro Tag, aufgerechnet auf die noch verbleibenden Tage errechnet. Damit hatte ich täglich die Möglichkeit zu beobachten wie gut ich denn unterwegs war bzw. - und das war für mich wichtig - ob denn der Rest der noch offenen Strecke überhaupt schaffbar wäre.


Wie auch in der Tabelle gut zu erkennen ist, waren die ersten 1,5 Wochen eher holprig - ich fand irgendwie keinen Rythmus und dachte da schon ans Aufgeben. Ist ja schliesslich nur ein Experiment und beweisen muss ich auch niemanden etwas. In der 1.März-Woche, nach zwei Tagen mit längeren Strecken (18 und 17 Kilometer) fasste ich den Entschluss: „... Abbruch - ich möchte nicht mehr weiter machen. Mein Kopf und meine Beine sagen 'nein' ...“
Jedoch war genau diese Einstellung am nächsten Morgen wie weggeblasen - und ich fasste neuen Mut und Kraft und ab diesem Tag, ging es bis zum letzten Tag, fast wie von alleine.

Ja, ich möchte sogar behaupten, dass mich dieses 'Down' in eine Art von 'flow' zwang. Und jeder Kilometer den ich ging, war ein Kilometer, den ich nicht mehr missen möchte. Ich erkannte plötzlich, wie sich Spitzensportler wohl im Training fühlen müssen. Dein Kopf gibt dir für deinen Körper grünes Licht. Zeit und Anstrengung fallen weg. Ich marschierte einfach nur noch.
Abschalten und den Kopf frei machen, kannte ich schon von den vielen Wanderungen im Vorfeld. Hirn auslüften nach nem stressigen Tag, nach einigen harten aneinander folgenden Tagen einfach mal losmarschieren - all das holte ich mir im Gedanken zurück und baute es in die tägliche Runde mit ein. Damit stellte sich die Erholung schon nach nur wenigen Schritten ein und das Hoch begleitete mich die ganze Tagesstrecke hindurch. Ja, es ist so einfach, wenn man's zulässt und in sich rein hört :-)

Manchesmal begleitete mich auch Sonja auf den Tagesrunden. An den Wochenenden, wo wir wieder gemeinsam die Rucksäche umschnallten und raus in die Natur eilten, genoss ich die Zweisamkeit natürlich dann umso mehr!

Es war ein wunderbares Experiment und eine super Erfahrung für mich, meinen Kopf und meinen Geist.
Das Ziel von 400 km überschritt ich dann gestern, am 01.04.2023 mit 401,7km.

Wieviele Schritte sind das?
Ich weiss es nicht - ich zähle keine Schritte, ich gehe auf Kilometer. Die Schrittlänge ist pro Person unterschiedlich. Auch ändert sich die Schrittlänge im Gelände bzw. alpin bergauf/bergab  - somit ist für mich seit Jahren die Kilometerdistanz ausschlaggebend.
Nehmen wir aber mal an, dass sich die Schrittlänge so zwischen 0,75 und 0,85 Meter abspielt:
10.000 Schritte sind etwa 7,5 bis 8,5 Kilometer
400 Kilometer wären dann etwa 470.000 bis 533.000 Schritte ;-)

Wie und was wurde gemessen?
Mit in die Aufzeichnungen kamen „alle Strecken, die zu Fuss unter freiem Himmel durchgeführt werden“. Damit waren auch die tägliche Strecke vom und ins Büro per pedes eingerechnet. Aber auch die Gehwege, die mich zum täglichen Einkauf bewegten.
Die Aufzeichnungen wurden durch mein Garmin GPSMAP 64st, mein Smartphone und die Komoot-App und auch durch das Rausmessen via NÖ Atlas gemessen.

Welche Strecken sind dabei gewählt worden?
Eigentlich durchwegs unterschiedlich - der Grossteil aber jeweils von zu Hause weg. Einige Runden wurden dann auch mehrmals begangen oder in leicht abgeänderter Form. Die wohl öfteste Runde - da für mich die angenehmste - war Horn - Breiteneich - Mödring - Horn.
Auf vielen der Wanderungen habe ich ja auch Berichte mitgebracht ... schaut euch einfach mal auf der Webseite durch und findet selbst heraus, welche wunderbare Plätze es zu begehen gibt.

Was nun? Was kommt als nächstes?
Keine Ahnung - marschieren werde ich natürlich weiterhin und euch viele Bilder von unseren Wanderungen mitbringen.
Und sofern die Frage auftaucht: ja, ich würde das sofort wieder machen. Es ist definitiv eine Bereicherung für Kopf und Körper!

Doku-Tipp:
https://youtu.be/F3CaaLdGzeI
„Das Multitalent für die Gesundheit“ - eine ARTE Dokumentation, die im März 2023 im TV lief.
Schon der Teasertext sagt einiges aus: „Wer länger sitzt ist früher tot.“
(Danke an dieser Stelle an Alex, für den Tipp!)
Ich fand mich in sehr vielen Infos und Statements der Doku wieder. Und kann vieles darinnen aus nun eigener Erfahrung bestätigen - GEHEN für deinen Körper und deine Gesundheit.

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